Kirchenbücher


Wesentliche Quelle für das Familienbuch sind die Kirchenbücher, deren Einrichtung auf das Konzil von Trient (1545-1563) zurückgeht [DUN]. Schon eine Konstanzer Synode von 1435 ordnete Taufbücher an, die die Namen des Täuflings und der Paten (nicht jedoch der Eltern!) enthalten sollten, um so Ehehindernisse aus geistlicher Verwandtschaft (Paten und Patenkinder waren geistig verwandt) besser feststellen zu können. In jener Zeit wurden nämlich öfters Ehescheidungen dadurch erreicht, dass man später eine Patenschaft reklamierte und dadurch die Ehe für ungültig erklärte. Mit Taufbüchern sollte diesem Missbrauch ein Riegel vorgeschoben werden.

Eine Konstanzer Synode - Lustenau gehörte zu jener Zeit zur Diözese Konstanz - von 1567 ordnete nun an, dass jeder Pfarrer auf Kirchenkosten fünf Bücher oder ein fünfteiliges Buch führen soll:

Diese Anordnung wurde von den Pfarrern wohl nur zögerlich durchgeführt, da im Jahre 1609 diese Vorschriften aus dem Jahre 1567 noch einmal ausdrücklich in Erinnerung gerufen wurden. So ist es vermutlich zu erklären, dass in Lustenau Tauf- und Ehebuch im Jahre 1612 unter dem damaligen Pfarrer Reuscher beginnen. Das Totenbuch beginnt erst im Jahre 1634; es ist aber anzunehmen, dass auch schon vor 1634 ein solches geführt wurde (eventuell in Form eines so genannten Jahreszeitenbuchs). Firmungslisten sind erst im 18. Jahrhundert vorhanden, Beicht- und Kommunikantenbücher fehlen.

Bis zum Jahre 1940 werden die Kirchenbücher in der Pfarre "St. Peter und Paul" geführt, ab 1940 führt auch die Pfarre "Zum Göttlichen Erlöser" in Rheindorf eigene Kirchenbücher.

Die Kirchenbücher sind - mit Ausnahme der zeitnahen Daten - online beim Vorarlberger Landesarchiv einsehbar.

Ein Eintrag im Taufbuch umfasst im Allgemeinen:

Offensichtlich sind nicht immer alle Kinder ins Taufbuch eingetragen worden. Dies ergibt sich zum Beispiel aus einem Vergleich der Firmungslisten mit den Taufeinträgen. Auch finden sich zu den Einträgen im Ehe- und Totenbuch öfters keine entsprechenden Taufeinträge. Dies ist natürlich bei der Rekonstruktion der Verwandtschaftsverhältnisse eine missliche Angelegenheit.

Die ersten Kinder wurden bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts öfters nach deren Großeltern benannt (diese Sitte erweist sich manchmal nützlich bei der Rekonstruktion der Familienbande) und zwar in der Reihenfolge:

Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts richtete sich der Familienname eines Kindes generell nach dem Familiennamen des Vaters. Auch uneheliche Kinder erhielten den Familiennamen ihres Vaters - nur wenn dieser unbekannt war, bekam das Kind den Familiennamen der Mutter. Erst ab ca. 1800 erhielten uneheliche Kinder den Familiennamen der Mutter.

In den Büchern ist im Jahre 1861 eine einzige Drillingsgeburt verzeichnet, ho201; alle drei Kinder starben schon in den ersten Tagen ihres Lebens.

Beim Ehebuch besteht ein Eintrag aus:

Zu beachten ist, dass jeder Ehepartner bei der Heirat seinen Familiennamen behielt. Der Familienname blieb von der Wiege bis zur Bahre erhalten, z. B. hieß eine Maria Bösch auch bei einer Heirat mit Hans Alge weiterhin Maria Bösch (hieß also dann nicht Maria Alge). Ab der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde es Brauch, die Eheschließung auch auswärts in einem Wallfahrtsort, vorwiegend Grimmenstein oder Maria Bildstein, vorzunehmen; gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde Innsbruck als Trasuungsort beliebt.

Das Ehebuch ist, verglichen mit den Taufeinträgen, nahezu vollständig geführt; lediglich beim Wechsel im Amt des Pfarrers gibt es Lücken.

Beim Totenbuch besteht ein Eintrag aus:

Kinder werden erst ab 1706 regelmäßig im Totenbuch eingetragen, anfangs meist nur in der Form "Kind des Hans Bösch gestorben", so dass man nicht unmittelbar weiß, wie das Kind mit Vornamen hieß oder wer seine Mutter war. Die genaue Zuordnung dieser Sterbeeinträge erweist sich als sehr schwierig; sie gelingt in einigen Fällen z.B. über die Firmungslisten, die bei einer Familie ja nur die überlebenden Kinder erfassen. Da es aus den genannten Gründen für die Zeit vor 1800 schwierig ist, die Sterbeeinträge den richtigen Personen zuzuordnen, sind die nicht zugeordneten Sterbeeinträge in einer Liste von offenen Bezügen am Ende der jeweiligen Familien aufgeführt.

Sofern ausführliche Todesbeschreibungen verzeichnet sind, sind diese in der Übersetzung von [WL2] übernommen. Zusätzlich ist aus dem Fallbuch der hohenemsischen Grundherrschaft [WL1] die Höhe der so genannten Fahl, die in etwa mit der heutigen Erbschaftssteuer zu vergleichen ist, angegeben; sie musste nach dem Tod eines leibeigenen Mannes oder eines Hofammannes entrichtet werden musste, nämlich das beste Haupt aus seiner Hinterlassenschaft, Roß oder Vieh. Aus dem Wert der Fahl lässt sich somit auf das vorhandene Vermögen schließen. Nach [WL1]: "Ain jeder Hofmann oder Einsäß, so einmal geerbt, gibt jährlich der Herrschaft ein Fasnachthennen, auf sein Absterben den Hoffahl, das ist das beste Haupt, so er verlaßt, es seye Roß oder Vieh, ayn jeder hausgesessener leibeigener Mann gibt jährlich der Herrschaft über die Hofhennen ain sonderbare Fasnachthennen und nach seinem Absterben über den Hoffahl noch einen Fahl.". Solche Angaben werden für die Zeit vor 1750 leider nur sporadisch gemacht.

Eine generelle weitere Schwierigkeit ergibt sich aus den ab ca. 1700 üblichen zwei Vornamen - ab dem Ende des 18. Jahrhunderts kommen dann sogar drei Vornamen vor. Knaben erhielten im Allgemeinen als ersten Vornamen Hans, ab der Mitte des 18. Jahrhunderts sind auch Franz, Josef und Anton als erste Vornamen üblich. Rufname ist im 18. Jahrhunderts meist der zweite Name, im 19. Jahrhundert wird dann der erste Name wieder häufiger auch der Rufname. Wenn also jemand Hans Georg getauft wurde, so wurde er im 18. Jahrhundert in der Regel Georg gerufen. Bei Mädchen ist der erste Taufname entweder Maria oder Anna; welcher erste Vorname gewählt wurde, hing im allgemeinen vom zweiten Namen ab. So gibt es Maria Franziska, jedoch selten Anna Franziska, oder Anna Barbara, selten Maria Barbara. Besonders zu beachten sind die Vornamen Maria Anna mit Rufname Anna und Anna Maria mit Rufname Maria. Da Rufnamen und Taufnamen so in den meisten Fällen verschieden sind, ergeben sich bei den späteren Einträgen bei der Heirat, bei der Geburt von Kindern und im Totenbuch oft ungenaue Angaben, da der erste Taufname irrtümlich entweder weggelassen oder aber hinzugefügt wurde. Also:

Im Familienbuch wird der Taufname konsequent benutzt. Sofern es sich aus den Quellen ergibt, ist der Rufname durch Apostroph gekennzeichnet. Josef 'Anton' bedeutet also, dass der Rufname Anton ist.

Eine weitere Quelle sind die Familienblätter, die von Pfarrer Brändle um 1845 angelegt wurden. Er stützte sich für die Zeit vor 1800 auf die Aussagen der jeweiligen Familien. Dabei hat er u.a. zu den Befragten folgende Anmerkungen gemacht:

Daraus ergibt sich, dass es schon um 1845 schwierig war, die Familienverwandtschaften hundert Jahre zurück zu durchschauen. Ein Schwachpunkt der Familienblätter ist, dass Pfarrer Brändle als Ausweg bei der Zuordnung der Familien sich stark auf die Altersangaben im Sterbebuch gestützt hat, obwohl diese mit einer Unsicherheit von mehreren Jahren anzusetzen sind. Deshalb wird an mehreren Stellen von den Angaben der Familienblätter abgewichen, die Begründung dafür ist jeweils vermerkt. Die Familienblätter sind jedoch für das 19. Jahrhundert eine zuverlässige Quelle.


Methoden zur Rekonstruktion


Ein Schlüssel für die Erstellung des Familienbuchs liegt bei den Ehedispensen. Nach kirchlichem Recht ist bei naher Verwandtschaft - sowohl bei Blutsverwandtschaft als auch bei Schwägerschaft - eine Ehedispens erforderlich. Der Grad der Blutsverwandtschaft wird im kirchlichem Recht (Im römischen Recht, auf dem das Zivilrecht fußt, richtet sich der Grad der Verwandtschaft nach der Zahl der sie vermittelnden Geburten; also haben hier Kinder zu ihren Eltern den Grad 1, Kinder innerhalb einer Familie haben den Grad 2, Onkel und Tanten haben den Grad 3 usw. ) nach der Zahl der Generationen bis zum gemeinsamen Stammvater bzw. zur gemeinsamen Stammmutter gezählt, also:

Entsprechend sind die Grade der Schwägerschaft definiert:

Blutsverwandtschaft im 2./3. Grad bedeutet, dass die Großeltern des einen Ehepartners und die Urgroßeltern des anderen identisch sind; Blutsverwandtschaft im 3. Grad bedeutet, dass beide Ehepartner ein gemeinsames Urgroßelternpaar (oder einen gemeinsamen Urgroßvater oder eine gemeinsame Urgroßmutter) haben.

Im folgenden sind zwei Verwandtschaftsverhältnisse für im Familienbuch vorkommende Ehedispensen dargestellt.

Beispiel 1: 2. Grad der Schwägerschaft, bo343

Die zweite Ehefrau Maria 'Katharina' Kremmel ist mit der ersten Ehefrau Maria 'Veronika' Kremmel im 2. Grad verwandt, die beiden Ehefrauen haben also gemeinsame Großeltern. In der Anmerkung zu bo343 ist vermerkt: Dispens 2. Grad der Schwägerschaft: Maria 'Veronika' - kr22 - kr16, Maria 'Katharina' - kr24 - kr16; die gemeinsamen Großeltern sind kr16

Beispiel 2: 3. Grad der Blutsverwandtschaft, bo53

Hans Bösch ist mit Anna Hemerlin im 3. Grad blutsverwandt, also haben diese Eheleute gemeinsame Urgroßeltern. In der Anmerkung zu bo53 ist vermerkt: Dispens 3. Grad der Blutsverwandtschaft: Hans - bo53 - bo9f - bo8, Anna - he34 - bo9 - bo8; die gemeinsamen Urgroßeltern sind bo8.

Weitere Beispiele solcher Blutsverwandtschaften und Schwägerschaften

Eine vorhandene Dispens kann nun dazu genutzt werden, den Kreis der möglichen Ehepartner einzuengen und gegebenenfalls - wenn nur eine Person übrig bleibt - zu finden. Ist andererseits eine Dispens nicht vermerkt, so scheiden alle nahen Verwandten als mögliche Ehepartner aus; somit ist auch das Fehlen einer Dispens ebenfalls - mit einer gewissen Vorsicht, da ja eine Verwandtschaft eventuell auch bewusst verschwiegen wurde - eine wertvolle Information.

Natürlich ist auch bei den Eheeinträgen bezüglich der Dispensen mit fehlerhaften Einträgen zu rechnen. Wegen der Wichtigkeit der Dispens dürfte die Fehlerrate gering sein. Es besteht allerdings der Eindruck, dass die Pfarrer aus der Familie Hemerlin sich genau in ihrer Verwandtschaft auskannten und daher für ihre Verwandten genauere Angaben lieferten - für Nichtverwandte sind dagegen wohl Verwandtschaftsangaben eher unterblieben.

In den jeweiligen Anmerkungen ist die der Ehedispens zugrunde liegende Blutsverwandtschaft bzw. Schwägerschaft spezifiziert. Der Kürze halber ist bei Einehen der Zusatz "Blutsverwandtschaft" weggelassen, bei Mehrehen ist angegeben, ob es sich um Blutsverwandtschaft oder Schwägerschaft handelt, sofern diese Unterscheidung im Ehebuch vermerkt ist. Ist eine Dispens noch nicht geklärt, so ist dies in der Anmerkung mit "?" markiert.

An einigen Stellen ist im Familienbuch der Taufeintrag korrigiert, wenn offensichtlich ein Fehler vorliegt. Beispiel: In bo18 wird für Kind Nr. II-2 als Vater Bernhard Geser und als Mutter Margareta Hagen genannt. Da es ein Ehepaar mit diesbezüglichen Namen nicht gibt, die angegebenen Paten aber mit den Paten der übrigen Kindern von bo18 übereinstimmen, ist dem Pfarrer beim Eintrag offensichtlich der Fehler unterlaufen, den Familiennamen des Vaters mit Geser anstatt richtig mit Bösch einzutragen - zur selben Zeit gibt es auch einen Bernhard Geser.

Die Vulgonamen sind eine gute Hilfe bei der Rekonstruktion der verwandtschaftlichen Verhältnisse. Sie gehen häufig auf die nächsten Generationen über – in der Regel über die männliche Linie, jedoch sind auch Übergänge über die weiblichen Linie möglich. Der häufigste Vulgoname ist "Maier" bei dem Geschlecht Grabher, den es vom Beginn der Aufzeichnungen bis heute gibt – er teilte sozusagen die Grabher in zwei Linien.